1. Startseite
  2. Lokales
  3. Frankenberg
  4. Frankenberg (Eder)

Frankenberg: Edertalschüler für ihr Theaterstück „Sandra K. Ein Prozess“ bejubelt

KommentareDrucken

Wir haben nur die eine Erde: Auch an die kämpferischen Frauen der regierungskritischen Punkrock-Band aus Moskau wird im Stück erinnert.
Wir haben nur die eine Erde: Auch an die kämpferischen Frauen der regierungskritischen Punkrock-Band aus Moskau wird im Stück erinnert. © Karl-Hermann Völker

Das Schicksal der modernen Seherin Kassandra (Paula Krupke), der Umweltaktivistin „Sandra K.“, steht im Mittelpunkt des neuen, in der Premiere umjubelten Stücks der Theater-AG der Frankenberger Edertalschule.

Die Uhr unter dem Richterstuhl läuft gnadenlos rückwärts. „Wer hat schon die Lust, der nackten Wahrheit ins Gesicht zu sehen?“, fragt die Umweltaktivistin aus dem Hambacher Forst, Sandra K., der hier gerade der Prozess gemacht wird. Ein Fußballfeld als Gerichtssaal, Foulspiel vor prolligen Fans, eilig rekrutierte Touri-Geschworene auf schwankender Justitia-Waage, Begegnungen mit historischen Ikonen der Wahrheitssuche wie Galileo Galilei oder Sophie Scholl.

Über allem ein Richter mit Pfeife – die Theater-AG des Frankenberger Gymnasiums Edertalschule widmet sich in ihrem neuesten Stück „Sandra K. Ein Prozess“ dem großen Thema Klimawandel und Zukunft der Erde, und dafür können ihre Zeigegesten gar nicht groß genug, ihre Bilder kaum noch eindringlicher sein. In jeder Spielminute ist zu spüren: Diese jungen Theaterleute verhandeln hier ihre Zukunft, ihre ganz eigene Erde, und das mit all ihren Begabungen und wohl durchdachten Appellformen so spektakulär, zugleich beklemmend und berührend, dass es nach dem Abpfiff vom Premierenpublikum am „Spielfeldrand“ jubelnden, stehenden Beifall gibt.

Ja, die Mitglieder der Theater-AG hatten sich mit den Kassandras, den ungeliebten Seherinnen der Vergangenheit und Gegenwart, eindringlich auseinandergesetzt, ihr Thema für ihr eigenes, neues Stück entwickelt, noch ehe in Schweden Greta Thunberg auf die Straße ging und eine Weltbewegung in Gang setzte.

Vorhersagen des Weltklimarates, das Schmelzen der Polkappen, zunehmende Dürren, Artensterben und Kämpfe um Ressourcen, aber auch Bequemlichkeit und Angst vor Wohlstandsverlust thematisierten sie intensiv und entwickelten daraus ein fesselndes, zweistündiges Prozessgeschehen, in dem immer wieder auf klassische Vorbilder, auf Theater von Kafka und Brecht zurückgegriffen wird, faktenschwer und doch voller ironischer Brechungen.

Beide Räume, Gerichtssaal und Fußballfeld, verschmelzen in dieser Inszenierung der Theater-AG mit großer Simultanität zu einer Erlebnislandschaft, in der die Funktion des Chors im antiken Theater aufgegriffen, aber auch filmische Elemente wie Zeitlupe, Sport-Reportagen und surreale Konstellationen, außerdem alle Spielarten der Musik höchst wirkungsvoll eingesetzt werden. Am linken Bühnenrand wächst minütlich ein Müllberg… Zitate aus der Gegenwart rücken bedrohlich nah, etwa wenn der Richter mit Freisler-Stimme die junge Widerstandskämpferin Sophie Scholl „nur einen Vogelschiss in der deutschen Geschichte“ nennt. Folter durch Waterboarding, Verfolgung der Whistleblower - die Wahrheit hat viele Feinde.

Die zweite Spielhälfte fesselt besonders eindrucksvoll durch die Plädoyers der Staatsanwältin und Verteidigerin, außerdem durch berührende Monologe oder musische Inszenierungen wie den „Earth Song“. Der begeisterte Applaus am Ende galt großartigen Einzel- und Ensembleleistungen, dem Stab von Technikern und Helfern sowie den Spielleitern Thorsten Jech und Daniel Herbrich.

Weitere Aufführungen: Nach der Premiere am Mittwoch wird das Stück „Sandra K. - Ein Prozess“ auch am heutigen Freitag, 10. Mai, Samstag, 11. Mai, und Sonntag, 12. Mai (Dernière), jeweils ab 20 Uhr in der Kulturhalle aufgeführt. Karten im Vorverkauf gibt es für 9, ermäßigt 6 Euro bei Bücher Jakobi, in der Buchhandlung Hykel sowie im Sekretariat des Gymnasiums. 

Auch interessant

Kommentare